"Ein Nachrichtenblatt" - Titelkopf der aktuellen Nr. 18 des 2. Jahrganges |
Der Anlass war, dass im Januar 2011 das von Rudolf Steiner im Zuge der Neubegründung der Anthroposophischen Gesellschaft zur Weihnachtstagung 1923/24 initiierte Nachrichtenblatt "Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht" in der bisherigen Form als Beilage für Mitglieder in der Wochenschrift "Das Goetheanum" eingestellt wurde.
Die Nr. 1 des Nachrichtenblattes vom 13. Januar 1924 |
Von Anfang an haben die beiden Initiatoren ihre Arbeit im Sinne einer "Arbeitsgruppe auf sachlichem Feld", wie die Statuten der Anthroposophischen Gesellschaft sie vorsieht, verstanden.
In der aktuellen Nr. 18/2012 von "Ein Nachrichtenblatt" kann dazu Folgendes gelesen werden:
"Die Entstehung der IEA war zunächst geprägt von der Suche nach einer konturierten, aussagbaren Richtung in den Entwicklungen, welche die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft nimmt und in der Zukunft nehmen könnte. Die Frage nach einer langfristigen und inhaltlich fundierten Perspektive dieser Entwicklung führte zur Gründung von 'Ein Nachrichtenblatt' durch Roland Tüscher und Kirsten Juel am 6. Februar 2011. Sie versuchen, nach der Mutation des von Rudolf Steiner begründeten Nachrichtenblattes "Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht" durch die Redaktion der Wochenschrift 'Das Goetheanum', die Urintentionen Rudolf Steiners an der Weihnachtstagung 1923/24 für das Mitglieder-Nachrichtenblatt zu erforschen, auf Aktualität zu prüfen und in der Praxis aufzugreifen."
Neben der Initiative für "Ein Nachrichtenblatt", soll die nun auch "offiziell" gegründete Arbeitsgruppe der Ort für die " gegenseitige Wahrnehmung der Initiativen der Mitglieder" sein. So "entsteht die Realität der Arbeitsgruppe als eines Ganzen. In dieser Hinsicht bildet sich das Ganze der IEA aus den individuellen Verantwortlichkeiten für die je eigene Initiative und dem Interesse, welches die Mitarbeiter einander entgegenbringen." (ebd.)
Wer die eMail-Ausgaben von "Ein Nachrichtenblatt" abonnieren möchte, kann dies über die eMail-Adresse initiative.e.a@gmail.com als Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft tun (Ausnahmen für Nicht-Mitglieder sind nach Rücksprache möglich). Die Initiative ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Die Bankverbindung findet man am Ende jeder Ausgabe.
Erwähnt sei auch, dass es mittlerweile auch zwei Parallelinitiativen gibt: "Deepening Anthroposophy" - Mitglieder-Nachrichten in englischer Sprache. Verantwortlich: Thomas O’Keefe, initiative.rda@gmail.com und "Realizando Antroposofía" - Mitglieder-Nachrichten in spanischer Sprache. Verantwortlich: Tatiana Garcia-Cuerva, realizando.a@gmail.com. Beide Initiativen verstehen sich als Teil der IEA.
Die "Initiative Entwicklungsrichtung Anthroposophie" und "Ein Nachrichtenblatt" werden bei der Weihnachtstagung des Internationalen Kulturzentrums Achberg "Gegenstand" der Wahrnehmung sein. Auch die mehrteilige Reihe zum Thema "Erneuerung der Gesellschaft" wird dabei in den Blick genommen.
Als jetzt anlässlich der Gründung neuhinzugekommenes Mitglied der Arbeitsgruppe auf sachlichem Feld habe ich ein "Grußwort" für die Nr. 18. des Blattes verfasst, welches ich hier wiedergeben will.
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Ein Grußwort zur Gründung der IEA
von Gerhard Schuster, Achberg/Wien
Als an Michaeli zur „geistigen Gründung“ der INITIATIVE ENTWICKLUNGSRICHTUNG ANTHROPOSOPHIE als Arbeitsgruppe auf sachlichem Feld eingeladen wurde, musste ich mich - da ich persönlich nicht teilnehmen konnte - vertreten lassen. Der Grund dafür war die von mir mitgestaltete Tagung „Kaspar Hauser - Das Kind Europas. Schicksalsrätsel unseres Kontinents“, die am selben Wochenende in Wangen im Allgäu stattfand.
Der Anlass dieser Tagung war der 200. Geburtstag jenes Findlings, der durch ein Verbrechen von seiner ursprünglichen Mission auf dem Thron des Großherzogtums Baden abgehalten wurde. Dass die Gründung der IEA am Vorabend dieses Geburtstages stattfand, kann als stimmig erlebt werden, denn die Entwicklung der Anthroposophie steht in dem denkbar engsten Zusammenhang mit dem Schicksal Kaspar Hausers.
Mit seiner Geburt stellte er sich hinein in die Zeit eines umfassenden Umschwungs, in dem die Menschheit jetzt beginnen sollte, selbst für ihr soziales Leben und die Gestaltung des sozialen Organismus verantwortlich zu sein, nachdem sie all die vorangegangenen Jahrtausende hindurch von Pharaonen, Cäsaren und Königen geführt war. Diesen emanzipatorischen Umschwung sollte Kaspar Hauser von einem Fürstenthron her begleiten. Dafür wurde diese Individualität - ebenso über Jahrtausende hinweg - vorbereitet. (1)
Mein Wirken innerhalb der anthroposophischen Bewegung galt immer diesem Hintergrund. Ohne die moderne Geisteswissenschaft und ihren Früchten kann der geschilderte Umschwung - der noch in vollem Gang ist - nicht gelingen. Der Weg bisher war - gleichermaßen bewirkt durch die Verhinderung Kaspar Hausers, wie auch durch das bloß halbherzige Ergreifen dessen, was mit Rudolf Steiner in die Welt trat - von Kriegen, Krisen und Katastrophen begleitet. Soll uns der weitere Weg nicht vollends ans „Grab aller Zivilisation“ (Rudolf Steiner am 19. Juli 1924, GA 240) führen, bedarf es einer Anthroposophischen Gesellschaft, die bezüglich der historischen Herausforderungen zu einem „gemeinsamen Wollen“ findet. - Die „Trägheit des Herzens“ - von der Jakob Wassermann in seinem Roman über Kaspar Hauser spricht - will überwunden werden!
Ich selbst bin zu dieser Erkenntnis gekommen und wurde dadurch auch veranlasst als Mitglied innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft tätig zu werden, als ich Mitte der 90er Jahre die Arbeit Wilfried Heidts zur Klärung des sogenannten „Konstitutionsproblems der AAG“ (2) kennenlernte. Wenn diese Arbeit am Konstitutionsproblem vordergründig die letzten Jahre auch zu „schlummern“ schien, so bleibt ihr Ziel - die „innere Konsolidierung und Positivierung der Gesellschaft“ (Rudolf Steiner, bei einer Besprechung Anfang 1923, GA 259, S. 66) - doch bestehen.
Vor dem Hintergrund, dass in wenigen Jahren (3) jene durch den 1. Weltkrieg gezeichnete Zeit, in der Rudolf Steiner den Impuls der Dreigliederung des sozialen Organismus ins geschichtliche Werden der Menschheit stellte, nach 3x33 Jahren zur „Auferstehung in verwandelter Gestalt“ kommen wird (siehe die Vorträge vom 23., 24 und 26. Dezember 1917, GA 180) und gleichzeitig vor dem Hintergrund der kulminierenden krisenhaften Entwicklungen in Europa und der Welt, wird deutlich, dass wir mehr den je einer konsolidierten anthroposophischen Gesellschaft und ihres Sozial-Impulses bedürfen. Kann es gelingen, zu der von Rudolf Steiner als Bedingung für die „Rettung der Erde“ (am 3. August 1924, GA 237) formulierten „Kulmination der Anthroposophie in der Erdenzivilisation“ (am 19. Juli 1924, GA 240) zu kommen?
Im Sommer begegnete ich - mit dieser Frage im Herzen - der von Roland Tüscher und Kirsten Juel ergriffenen Initiative für „Ein Nachrichtenblatt“ und etwas später lernte ich die beiden auch persönlich kennen, als „Menschen, die mit völliger Intensität drinnenstehen in der anthroposophischen Bewegung“ (Rudolf Steiner am 3. August 1924, GA 237). Das führte zu der inneren Konsequenz, mich dieser Arbeit tätig zu verbinden und Mitglied der Arbeitsgruppe zu werden.
Es sei zum Schluss meines Grußwortes noch einmal auf Kaspar Hauser zurückgekommen. Durch ein von Ludwig Polzer-Hoditz überliefertes Wort Rudolf Steiners erfahren wir etwas von seiner Mission: Süddeutschland hätte durch Kaspar Hauser „die neue Gralsburg der neuen Geistesstreiter und die Wiege künftiger Ereignisse“ werden sollen - die Gründung der anthroposophischen Gesellschaft vor 100 Jahren und ihre Neubegründung 1923/24 kann in diesem Zusammenhang gesehen werden. Möge auch die INITIATIVE ENTWICKLUNGSRICHTUNG ANTHROPOSOPHIE eine Wiege künftiger Ereignisse werden!
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1) Über http://goo.gl/v3afH findet man einen ersten Rückblick auf die Wangener Tagung, der insbesondere diesen Aspekt weiter ausarbeitet.
2) siehe u.a. „Muß die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft neu begründet werden?“ in: Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht. Nachrichten für deren Mitglieder. Nr. 46 vom 16. Februar 1997, http://goo.gl/OX6JQ (pdf)
3) So wenige Jahre übrigens, wie dem Kind Europas nach seinem Auftauchen in Nürnberg blieben, bis es am 17. Dezember 1833 einem Mordanschlag zum Opfer fiel. In der kurzen Zeit von fünf Jahren konnte Kaspar Hauser seine Wesensart so zur Offenbarung bringen, dass dadurch ein Ausglich geschaffen war für seine Verhinderung. Durch Rudolf Steiner wissen wir: „Wenn Kaspar Hauser nicht gelebt hätte und gestorben wäre, wie er tat, so wäre der Kontakt zwischen der Erde und der geistigen Welt vollkommen unterbrochen.“
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